Freitag, 31. August 2012

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"Die Erdwärme wird vernachlässigt" - Klimaretter.info

Freitag, 31. August 2012, 08:08 Uhr

Die öffentliche Debatte ist bestimmt von der Diskussion um Solarenergie, Windstrom und Biomasse. Das sollte anders werden, findet Rüdiger Grimm, und ist vor einer Woche mit seinem Blog "Erdwärme heute" online gegangen. Er will das Heizen per Geothermie stärker ins Licht der Öffentlichkeit rücken und für eine sachgemäße Diskussion bestehender Qualitätsprobleme sorgen.

Rüdiger Grimm ist Inhaber und Geschäftsführer der Firma Geoenergie-Konzept mit Sitz im sächsischen Freiberg. Das Unternehmen betreut im Bereich Erdwärme die gesamte Kette von der Erstberatung über die Planung, die Durchführung von Testarbeiten und die spätere Überwachung der Anlagen.

 

klimaretter.info: Herr Grimm, alle reden von Solarenergie, Windenergie und Bioenergie. Im August ist Ihr Blog "Erdwärme heute" online gegangen. Ein vernachlässigtes Thema?

Rüdiger Grimm: Die Geothermie ist im bunten Blumenstrauß der erneuerbaren Energien sicherlich die Technologie, die am wenigsten zur Sprache kommt. Insofern ja, sie wird vernachlässigt.

Warum braucht es hierfür einen eigenen Blog?

In meinem Blog beschäftige ich mich speziell mit der oberflächennahen Geothermie, die man von der sogenannten tiefen Geothermie unterscheiden muss. Die tiefe Geothermie dient zur Stromproduktion, bei der oberflächennahen Geothermie geht es ums Heizen und Kühlen. Das ist mein Thema. Ein Blog ist neben vielen anderen Möglichkeiten eine der Optionen, die Technologie stärker ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken.

Wie funktioniert die oberflächennahe Geothermie, das Heizen mit Erdwärme, genau?

Die Anlagen bestehen aus zwei Teilen: einem oberirdischen und einem unterirdischen Teil. Oben haben wir die Wärmepumpe, die nach dem Prinzip des umgekehrten Kühlschranks dem Erdboden Wärme entnimmt und sie auf das Temperaturniveau der Heizung bringt.

Unterirdisch gibt es entweder Brunnen, aus denen ich Grundwasser entnehme und an der Wärmepumpe vorbei leite. Die Pumpe entzieht dem Wasser Wärme, bevor es durch einen zweiten Brunnen wieder in die Erde zurückgeführt wird. Das ist das sogenannte offene System. Beim geschlossenen System dagegen werden Polyethylen-Leitungen im Erdboden versenkt, in denen ein Wasser-Glycol-Gemisch als Trägermedium für die Wärme zirkuliert. Diese geschlossenen Systeme werden entweder als Erdwärmesonden senkrecht in den Boden gebracht oder als Kollektoren waagerecht relativ nah an der Erdoberfläche verlegt.

Heiß ist der Erdboden in unseren Breitengeraden aber nicht gerade...

Richtig, aber das ist ja das Frappierende an der Geothermie: Die Bodentemperaturen von gerade einmal zehn Grad Celsius hierzulande kann die Wärmepumpe auf 40 Grad Celsius oder mehr anheben und dadurch ein ganzes Haus beheizen.

Wie steht es um die Erdwärmenutzung in Deutschland?

Neu gebaute Einfamilienhäuser erhalten heute eigentlich oftmals schon standardmäßig entweder eine Erdwärmepumpe oder eine Luftwärmepumpe. Das große Potenzial der Geothermie liegt deshalb im Sanierungsbereich. Ein weiterer wichtiger Sektor sind Gewerbe- und Industriebauten. Sie profitieren vor allem auch davon, dass man mit den Wärmepumpen auch sehr effizient kühlen kann.


Verlegung einer Erdwärmesonde - Die Sonden reichen bis 150 Meter in die Tiefe. (Foto: Rüdiger Grimm)

Was kostet denn so eine Anlage, beispielsweise für ein Einfamilienhaus?

Die Faustformel besagt: 1.000 Euro pro Kilowatt Leistung der Anlage. Bei einer 10-Kilowatt-Wärmepumpe sind das also 10.000 Euro Investition. Wie teuer die Anlage ist, hängt aber sehr von den geologischen Gegebenheiten ab. Wo der eine mit 5.000 Euro auskommt, muss der andere 20.000 Euro investieren.

Und ab wann hat sich die Investition amortisiert?

Im Neubau ungefähr nach sechs bis acht Jahren, es kann aber auch in ungünstigen Fällen 15 Jahre dauern. Als laufende Kosten der Anlage habe ich natürlich zusätzlich noch den elektrischen Strom.

Werden Geothermieanlagen zum Heizen denn aktuell gefördert?

Das Marktanreizprogramm der Bundesregierung fördert nur Anlagen, die im Zuge der Sanierung eines Hauses eingebaut werden, je nach Größe der Wärmepumpe für ein Einfamilienhaus etwa 2.800 Euro. Am 15. August wurden diese Zuschüsse auch gerade noch einmal erhöht.

Mit Ihrem Blog wollen sie die Technologie stärker ins Licht der Öffentlichkeit rücken. Um welche Themen soll es konkret gehen?

Seit 2006 haben wir, bedingt durch die steigenden Energiepreise, einen sehr schwunghaften Anstieg der Absatzzahlen in der Branche. Damit sind auch Qualitätsprobleme wichtiger geworden. Diesen will ich mich in dem Blog auch widmen.

Ein Beispiel für ein solches Qualitätsproblem?

Vor einem Jahr gab es in Baden-Württemberg einen Schadensfall: Weil die Bohrungen falsch durchgeführt wurden, wurden zwei Grundwasserschichten miteinander verbunden ? was wiederum zum Absacken des Geländes im Umkreis um einige Zentimeter geführt hat. Wohngebäude wurden beschädigt. Als Reaktion hierauf wollten Politiker und Genehmigungsbehörden vor Ort die oberflächennahe Geothermie gleich ganz verbieten. Das kann ja aber nicht die Regelung sein. Wichtiger ist es doch, den Gründen für das Problem auf die Spur zu gehen. Glücklicherweise hat man sich dann entschieden, Bohrunternehmen zusätzlichen Zertifzierungen zu unterziehen. Das hat dazu beigetragen, die Qualität dort sichtlich zu steigern.

Und in welchen Fällen wurden Regeln zu Ungunsten der Geothermie erlassen?

Zum Beispiel in Bezug auf der Problem der sogenannten Frost-Tau-Wechselbeständigkeit. Um eine Verbindung zwischen verschiedenen Grundwasserschichten zu verhindern, wird die Erdwärmesonde mit Spezialbeton verfüllt. Einige befürchten, dass der Beton durch Frost zerbröseln könnte, so dass Wasser aus der oberen in die untere Grundwasserschicht fließt ? mit der Gefahr von Bodenabsenkungen.

Aus der Praxis wissen wir aber, dass das ein völlig daher geholtes Szenario ist. Wir kennen keinen einzigen Fall, wo das tatsächlich passiert ist. Dennoch ist es in Bayern seit Kurzem verboten, die Anlagen überhaupt in den Frostbereich zu fahren. Das führt zu 50 Prozent höheren Kosten, weil mehr gebohrt werden muss, um die gleiche Menge an Wärme zu gewinnen.

Bei wie viel Prozent der Erdwärme-Projekte treten denn überhaupt Schäden auf?

Das bewegt sich im Promille-Bereich. Pro Jahr werden in Deutschland etwa 25.000 Erdwärme-Anlagen errichtet. Ernsthafte Probleme gibt vielleicht bei ein oder zwei Anlagen pro Jahr.

Mit ihrem Blog wollen Sie also die Erkenntnis verbreiten, dass viele der Probleme keine grundsätzlichen Probleme sind, sondern eher in Nischen vorkommen?

Genau. Ich will die Probleme natürlich auch nicht bagatellisieren. In manchen Regionen mag es sinnvoll sein, Restriktionen wie Tiefenbegrenzungen fürs Bohren einzuführen oder Verbotszonen für Geothermie. Vor allem aber will ich zeigen, dass die Probleme eher etwas mit unsachgemäßer Ausführung zu tun haben, wie sie überall im Bau vorkommen kann. Das hat aber nichts mit der Geothermie an sich zu tun. Die Diskussionen auf meinem Blog sollen dazu beitragen zu verhindern, dass Politik und Genehmigungsbehörden Sachen von der Branche verlangen, die nicht erfüllbar sind, ohne dass Geothermieprojekte vollkommen unwirtschaftlich und unbezahlbar werden.

Interview: Eva Mahnke

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