Von Peter Becker

Wasserkraft? Zu hohe Investitionskosten. Solarenergie? Geringe Ausbeute. Windkraft? Mehr Manufaktur als reife Technologie. Zwei neue Bücher zur Energiewende werfen die Frage auf, ob es auf Dauer tatsächlich ohne Atomkraft geht - und liefern Munition für die Skeptiker der alternativen Energien.

Bücher zur Energiewende haben Konjunktur. Man braucht eine Wünschelrute, um sich zurechtzufinden. Aktuell liegen zwei Bücher auf dem Tisch, die beide etwas defätistisch daherkommen. Eines von dem Journalisten Johannes Winterhagen, das andere von dem amerikanischen Physiker Robert B. Laughlin.

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Die Generationen nach uns werden die Zeit erleben, da die fossilen Brennstoffe endgültig zur Neige gehen. Was kann sie ersetzen? (© dpa)

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Winterhagens Buch verschreibt sich der Information. Der Autor "besucht Offshore-Windparks, Geo- und Solarthermiewerke und trifft Forscher, die an der Speicherung von Kohlendioxid, dem Elektroauto, der Kernfusion arbeiten". In der Tat: Er stellt uns die Eckdaten der verschiedenen erneuerbaren Technologien vor, erklärt aber auch ihre Physik und Chemie und macht das so verständlich und interessant, als wollte er es seinen vier Kindern erklären, denen er das Buch gewidmet hat.

Zum Beispiel die Wasserkraft: Das neue Kraftwerk in Rheinfelden überspannt den ganzen Rhein. Es erzeugt 600 Megawattstunden im Jahr. Die Investitionskosten belaufen sich auf 3800 Euro pro installiertem Kilowatt (mit der in einer Kilowattstunde gesammelten Energie kann man etwa einen Kilometer weit Auto fahren). Zum Vergleich: Ein Gaskraftwerk soll 900 Euro je installiertem Kilowatt kosten, ein Kernkraftwerk etwa 2000 Euro. Die Baukosten des derzeit modernsten Gaskraftwerks der Welt, Block 5 des E.ON-Kraftwerks Irsching, betrugen sogar nur 465 Euro pro Kilowatt. Große Wasserkraftwerke sind in Deutschland nicht im Bau, kleine haben allerdings Renaissance. Derzeit wird vor allem auf Gezeitenkraftwerke gesetzt - allerdings nicht in Deutschland.

Die Photovoltaik, das "Statussymbol des guten Bürgers mit Umweltbewusstsein" (Winterhagen), feiert in Deutschland zwar erstaunliche Erfolge, wird aber wegen der hohen Umlage auf die Stromkosten erbittert bekämpft. Leider ist die Auslastung der Solarkraftanlagen weit niedriger als bei konventionellen Kraftwerken. Selbst Windkraftwerke im Meer kommen auf den drei- bis vierfachen Ausbeutefaktor. Immerhin gibt es einen Hoffnungsschimmer: Die Preise für Solarmodule sinken, bis 2020 sollen sie nur noch die Hälfte des heute üblichen betragen.

Begeisterung für die Sonnenenergie weht einen aus Winterhagens Darstellung nicht an. Der "Solarpapst" ist bei ihm denn auch nicht der verstorbene, in dieser Frage hochengagierte Hermann Scheer, der "Vater des Energieeinspeisungsgesetzes". Winterhagen hält es vielmehr mit Eike Weber vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg.

Ähnlich nüchtern betrachtet er die Windenergie, in die etwa Siemens riesige Summen investiert. Es handelt sich dabei, wie Winterhagen zu Recht schreibt, keineswegs um eine "reife Technologie". Vielmehr befindet sich "die gesamte Windbranche noch im Stadium einer Manufaktur". In der Tat liegen die Kosten je installiertem Kilowatt bei rund 6000 Euro; angepeilt wird eine Marke von 3500 Euro.